John Henry Days von Colson Whitehead

John Henry Days von Colson Whitehead 

Seiten: 592

Verlag: btb

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3442774330

Amazon: Amazon.de

Rating: 7/10

Inhalt:

John Henry, der Mann mit dem Hammer in der Hand, ist der Held unzähliger Volkslieder und Balladen und wurde zum amerikanischen Gründungsmythos. Der Legende nach siegte der schwarze Tunnelarbeiter mit Körperkraft im Wettstreit gegen eine Bohrmaschine, doch er bezahlte diesen Triumph mit dem Leben. Mehr als hundert Jahre später wird ihm zu Ehren in einem Kaff in West Virginia ein Festival gefeiert und eine neue Briefmarke ausgegeben. Eine ganze Horde von Journalisten trifft in dem einstigen Sklavenstaat ein, und der einzige Schwarze unter ihnen, J. Sutter, ist dabei, einen neuen Rekord im Spesenrittertum aufzustellen. Dabei freundet er sich mit einer jungen New Yorkerin an, die die John-Henry-Devotionalien ihres Vaters loswerden will. Und was hat es mit dem scheinbar harmlosen Briefmarkensammler auf sich, der ihm gleich am ersten Abend das Leben rettet?

Review:

"John Henry Days" ist ein Roman, der die Legende des amerikanischen Volkshelden John Henry aufgreift und sie in die Gegenwart überträgt. Colson Whitehead nutzt die Geschichte eines Mannes, der im Wettkampf mit einer Maschine sein Leben opferte, um Themen wie Arbeitskultur, Fortschritt und Identität in der amerikanischen Gesellschaft zu untersuchen.

Der Roman ist keine klassische Erzählung, sondern eine Sammlung von Episoden, die durch verschiedene Charaktere miteinander verbunden sind. Im Zentrum steht J. Sutter, ein Journalist, der an einem Festival zu Ehren von John Henry teilnimmt. Doch im Grunde ist das eigentliche Thema des Buches die Reflexion über den Mythos von John Henry. Whitehead beleuchtet unterschiedliche Perspektiven, von einem Briefmarkensammler bis zu einem Mann, der sein Haus in ein Museum verwandelt hat, und verbindet diese Geschichten mit der Frage, ob John Henrys Kampf gegen die Maschine ein Triumph oder eine tragische Niederlage war.

Whiteheads Sprache ist poetisch und voller ironischem Humor, was das Buch anspruchsvoll, aber auch bereichernd macht. Die vielschichtige Erzählstruktur, die zahlreiche parallele Geschichten umfasst, kann den Lesefluss herausfordern, unterstreicht jedoch die thematische Tiefe und Vielfalt des Werkes.

"John Henry Days" richtet sich nicht an Leser, die eine lineare Handlung oder eine detaillierte Charakterentwicklung erwarten. Vielmehr besticht das Buch durch seine reflexive und experimentelle Erzählweise. Whitehead bietet eine kritische, oft satirische Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Mythos und hinterfragt dessen Bedeutung für die moderne Gesellschaft. Für Leser, die sich auf eine vielschichtige und intellektuell anregende Lektüre einlassen möchten, ist dieses Buch eine lohnende Erfahrung.