Unschuldig von John Grisham, Jim McCloskey
Unschuldig von John Grisham, Jim McCloskey
"Fehlurteile und verlorene Leben: Eine Abrechnung mit dem Justizapparat"
Inhalt:
Unschuldige, die in die Klauen der Justiz geraten und sich plötzlich in der Todeszelle wiederfinden: In seinem ersten erzählerischen Sachbuch nach dem Weltbestseller »Der Gefangene« schildert John Grisham gemeinsam mit dem Gründer von Centurion Ministries, Jim McCloskey, zehn wahre Fälle skandalöser Verurteilungen. Perfekt recherchiert und packend geschrieben, gewähren die unglaublichen Geschichten einen erschütternden Einblick in die Fehlerhaftigkeit des amerikanischen Justizsystems. John Grisham at his best!
Review:
John Grisham, Meister des Justizthrillers, und Jim McCloskey, Gründer der Centurion Ministries, haben mit Schuldig ein Werk geschaffen, das gleichermaßen empört, belehrt und bewegt. Dieses Buch ist ein moralisches Fanal, eine ungeschönte Anklage gegen die Abgründe des amerikanischen Rechtssystems. In zehn Fällen, die McCloskey über Jahrzehnte hinweg begleitet hat, wird gezeigt, wie unschuldige Menschen in den Mahlwerken eines Systems zerrieben werden, das nicht selten mehr an schnellen Erfolgen als an wahrhaftiger Gerechtigkeit interessiert ist.
Die Geschichten, die Grisham und McCloskey hier erzählen, sind von einer solchen Tragik und Absurdität, dass sie in einem Roman als überzogen gelten würden. Angefangen bei fehlerhaften forensischen Methoden, die von fragwürdigen „Experten“ präsentiert werden, bis hin zu erschütternden Fällen erpresster Geständnisse, falscher Zeugenaussagen und absichtlicher Beweismanipulation – Schuldig zeigt, dass Fehlurteile selten auf eine einzige Ursache zurückzuführen sind. Es ist die Summe aus institutionellem Versagen, menschlicher Hybris und systemischem Rassismus, die Menschen unschuldig hinter Gitter bringt.
John Grisham, der gewohnt geschmeidig und mit erzählerischem Instinkt schreibt, versteht es meisterhaft, die Dramen der einzelnen Fälle herauszuarbeiten. McCloskey dagegen schreibt mit der klaren, sachlichen Stimme eines Mannes, der sein Leben der Aufarbeitung solcher Ungerechtigkeiten gewidmet hat. Der Wechsel zwischen diesen beiden Perspektiven mag stilistisch uneben wirken, doch er verleiht dem Buch Authentizität und dokumentarischen Wert. Es ist die Spannung zwischen literarischer Brillanz und juristischer Präzision, die diesem Werk seine Stärke verleiht.
Das zentrale Anliegen des Buches – die Aufklärung über systematische Missstände im Justizwesen – ist unbestreitbar wichtig. Doch man muss auch sagen: Es gibt Längen. Die Ähnlichkeit der Fälle kann ermüden, und der schiere Umfang des Unrechts ist manchmal schwer zu ertragen. Wer dieses Buch liest, sollte dies in Etappen tun, um der emotionalen Erschöpfung zu entgehen.
Was bleibt, ist Bewunderung. Bewunderung für McCloskeys Hartnäckigkeit, für Grishams erzählerisches Geschick und für die mutigen Menschen, die trotz unvorstellbarer Ungerechtigkeiten ihre Würde bewahrt haben. Schuldig ist ein unbequemes, aber notwendiges Buch, das uns daran erinnert, dass Gerechtigkeit kein Automatismus ist, sondern ein Wert, für den gekämpft werden muss. Wer nach dieser Lektüre nicht zumindest kurz innehält, um sich zu fragen, wie sicher er selbst vor einem solchen Schicksal wäre, hat entweder kein Herz – oder keinen Verstand.
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