Hard Land von Benedict Wells
Hard Land von Benedict Wells
Ein Roman wie ein Soundtrack: Melancholisch, ehrlich, unvergesslich
Rating: 8/10
Inhalt:
Missouri, 1985: Um vor den Problemen zu Hause zu fliehen, nimmt der fünfzehnjährige Sam einen Ferienjob in einem alten Kino an. Und einen magischen Sommer lang ist alles auf den Kopf gestellt. Er findet Freunde, verliebt sich und entdeckt die Geheimnisse seiner Heimatstadt. Zum ersten Mal ist er kein unscheinbarer Außenseiter mehr. Bis etwas passiert, das ihn zwingt, erwachsen zu werden. Eine Hommage an 80’s Coming-of-Age-Filme wie ›The Breakfast Club‹ und ›Stand By Me‹ – die Geschichte eines Sommers, den man nie mehr vergisst. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2022.
Review:
Es gibt Romane, die sich nicht nur lesen lassen, sondern in ihrer Intensität ein Stück Leben konservieren. Benedict Wells' "Hard Land" ist so ein Buch. Mit einer erzählerischen Eleganz, die sich bewusst der großen Gesten enthält, zeichnet er das Porträt eines 15-jährigen Jungen, der in einem Sommer alles verliert und gleichzeitig alles gewinnt. Wer nun aber eine nostalgische Hommage an die 80er erwartet, wird überrascht sein: Dieses Buch funktioniert jenseits aller popkulturellen Referenzen als universales Drama des Erwachsenwerdens.
Missouri, ein Provinznest, das den Staub nicht aus seinen Straßen geschüttelt bekommt. Hier lebt Sam Turner, ein dürrer, ängstlicher Junge, der sich der Welt eher mit Skepsis als mit Neugier nähert. Seine Mutter ist todkrank, sein Vater ein verschlossener Mann, der mit sich und der Welt hadert. Was also tun in einem Sommer, der jede Freude im Keim zu ersticken droht? Sam findet Zuflucht in einem alten, vom Bankrott bedrohten Kino, in dem er einen Aushilfsjob annimmt. Dort trifft er auf eine Gruppe Jugendlicher, die ihm ein Stück Normalität schenken, während sein Zuhause zerfällt. Wells beschreibt Sams Freundschaften mit einer Ehrlichkeit, die sich in keinem Moment anbiedert. Die Dialoge sind unprätentiös, die Charaktere erfrischend unsentimental gezeichnet. Besonders Hightower, der stille, lakonische Freund mit dem großen Herz, und Kristie, die kluge Tochter des Kinobesitzers, bleiben in Erinnerung.
"Hard Land" ist ein leiser Roman, der die großen Fragen des Lebens stellt, ohne sie plakativ beantworten zu wollen. Wells schreibt mit einer Sprachklarheit, die nichts verschnörkelt oder aufträgt. Vielmehr entsteht aus den Szenen ein Rhythmus, der an einen Soundtrack erinnert: leicht melancholisch, aber nie larmoyant. Die 80er-Jahre sind hier nicht Kulisse, sondern organischer Bestandteil einer erzählten Welt, in der Filme und Musik eben nicht nur nostalgische Requisiten sind, sondern Spiegel des Seelenlebens der Figuren. Doch der Roman ist kein "Stranger Things" ohne Monster und auch kein "Stand By Me"-Aufguss für Erwachsene. Stattdessen geht es Wells um existenzielle Erfahrungen, um den Moment, in dem das Leben einbricht und man begreift, dass es nie mehr so unbeschwert sein wird wie zuvor.
Manche Kritiker bemängeln eine gewisse Vorhersehbarkeit der Handlung. Ja, der große dramaturgische Knall bleibt aus. Aber ist das nicht gerade die Kunst von Wells? Nicht mit billigen Effekten zu arbeiten, sondern mit feinen Nuancen? "Hard Land" ist kein Buch der großen Ereignisse, sondern eines der leisen Veränderungen. Und genau das macht es so wahrhaftig. Man folgt Sam auf seiner Reise, leidet mit ihm, lacht mit ihm, hofft mit ihm. Und am Ende bleibt ein Gefühl, das schwer zu fassen ist – vielleicht am ehesten eine Mischung aus Wehmut und Dankbarkeit. Ein Roman, der nachhallt, lange nachdem man die letzte Seite umgeblättert hat.
Hard Land von Benedict Wells
Reviewed by Darkybald
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Montag, Februar 17, 2025
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