Ghost Station von S. A. Barnes

Ghost Station von S. A. Barnes 



Seiten:464     
Verlag: Heyne
Sprache: Deutsch
ISBN-10:3453323521
Amazon: Amazon.de








"Paranoia, Isolation, Trauma – aber wo bleibt der Horror?"

Rating: 5/10


Inhalt:

Die Psychologin Dr. Ophelia Bray wird auf das Raumschiff Resilience geschickt, das im Auftrag der Montrose Corporation unterwegs ist, Planeten nach Rohstoffen abzusuchen. Bei der letzten Mission verschwand ein Crewmitglied unter seltsamen Umständen. Ophelia soll herausfinden, ob mehr hinter der Sache steckt als ein tragischer Unfall. Als die Resilience auf dem Planeten Lyria 393-C landet, entdeckt die Crew neben uralten Ruinen einer Alien-Zivilisation eine Station, die scheinbar überstürzt verlassen wurde. Noch während Captain Severin diesem Rätsel nachgeht, kommt es zu einem brutalen Todesfall. Für Ophelia und die Mannschaft der Resilience beginnt ein Kampf ums Überleben – doch die Geister der Station lassen niemanden so einfach gehen …

Review:

S.A. Barnes hat mit Dead Silence bewiesen, dass sie das Zusammenspiel von Science-Fiction und Horror meisterhaft beherrscht. Mit Ghost Station wagt sie sich erneut in die Dunkelheit des Alls, diesmal mit einer Geschichte, die psychologische Spannung mit klassischem Grusel verbindet. Doch während die Atmosphäre zweifellos gelungen ist, bleibt das erzählerische Fundament hinter den Erwartungen zurück.

Schon der Ausgangspunkt des Romans klingt nach einer literarischen Einladung zum gepflegten Frösteln: Dr. Ophelia Bray, eine Psychologin mit mehr als nur einer Leiche im Keller, schließt sich einer Weltraummission an, um eine Crew zu betreuen, die mit einem traumatischen Verlust kämpft. Doch statt offener Arme erwarten sie Misstrauen und Ablehnung, denn wer sich im All auf einen Seelenklempner einlässt, riskiert nicht nur seine psychische Gesundheit, sondern auch seine Karriere. Dass Ophelia selbst ein Fass voller ungelöster Traumata ist, macht ihre Aufgabe nicht einfacher. Als das Team eine verlassene Forschungsstation auf einem unwirtlichen Planeten untersucht, werden die Schatten der Vergangenheit und Gegenwart ununterscheidbar. Plötzlich verschwimmen Realität und Wahn, Bedrohung und Paranoia – ein Konzept, das sich schon in unzähligen literarischen und filmischen Vorbildern bewährt hat.

Barnes versteht es, die beengte Klaustrophobie einer verlassenen Station in den Weiten des Alls spürbar zu machen. Die Stille ist allgegenwärtig, jeder Schatten könnte ein Vorbote des Grauens sein, und doch bleibt das Grauen oft merkwürdig abstrakt. Ophelias Perspektive ist zugleich Stärke und Schwäche des Romans: Ihre innere Zerrissenheit, ihre psychischen Kämpfe, ihre Unzuverlässigkeit als Erzählerin verleihen der Geschichte Tiefe, doch sie bremsen den Erzählfluss auch erheblich. Wer auf packenden Eskalationshorror à la Alien hofft, könnte hier enttäuscht werden. Vielmehr dominiert über weite Strecken die psychologische Innenschau einer Protagonistin, die sich selbst im Weg steht. Das ist zweifellos ambitioniert, sorgt aber auch für einen erzählerischen Leerlauf, der sich besonders in der ersten Hälfte des Romans bemerkbar macht. Erst in der zweiten Hälfte nimmt die Handlung an Fahrt auf, fast schon ein wenig überhastet, als hätte die Autorin gemerkt, dass sie ihre Schockmomente zu lange aufgespart hat.

Ein weiteres Problem des Romans liegt in seinen Nebenfiguren, die über bloße Skizzenhaftigkeit selten hinauskommen. Sie sind Konfliktfolien für Ophelias inneren Kampf, nicht mehr. So bleibt der emotionale Impact der Geschichte hinter dem Potenzial zurück, das sie hätte entfalten können. Auch das große Mysterium rund um die Station erweist sich letztlich als weniger spektakulär, als man es sich wünschen würde – das Spiel mit Halluzination und Realität verliert an Spannung, wenn die Auflösung eher konventionell als verstörend ausfällt.

Letztlich ist Ghost Station eine Übung in Atmosphäre, die mehr Wert auf Stimmung als auf Handlung legt. Barnes gelingt es, eine unheimliche, bedrückende Szenerie zu erschaffen, doch die narrative Ungleichgewichtung zwischen introspektivem Psychodrama und Weltraumhorror lässt den Roman nicht vollends zünden. Wer sich auf einen langsamen, bewusst diffusen Horror einlassen kann, findet hier zweifellos ein stimmungsvolles Erlebnis. Wer jedoch eine klar strukturierte, mitreißende Horrorgeschichte erwartet, wird sich bisweilen fühlen wie Ophelia selbst: verloren im Dunkeln.

Ghost Station von S. A. Barnes Ghost Station von S. A. Barnes Reviewed by Darkybald on Mittwoch, März 12, 2025 Rating: 5

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