Cold Eternity von S. A. Barnes

Cold Eternity von S. A. Barnes

Titel des Buches
Seiten: 384
Verlag: Heyne
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3453323637
Kaufen: Amazon.de
Zwischen Halluzination und Wirklichkeit: Eine Reise ins unheimliche Vakuum
Bewertung: 6/10 ⭐

Inhalt:

Halley Zwick steckt in Schwierigkeiten. In der Art Schwierigkeiten, bei der falsche Ausweise, mächtige Politiker und mehr als eine Sorte Gesetzeshüter involviert sind. Sowohl die Guten als auch die Bösen sind hinter ihr her, aber Halley kann nicht länger sagen, wer eigentlich wer ist. Um allen zu entkommen, nimmt sie einen Job auf dem Raumschiff »Elysium Fields« an, wo die Reichen und Schönen Seite an Seite in ihren Kälteschlafkapseln liegen – und das seit Hunderten von Jahren. Doch dann geschieht etwas Merkwürdiges: Die Hologramme ihrer »Passagiere« warnen Halley, dass sie das Schiff unbedingt verlassen muss. Etwas Hungriges lauert im Dunkel der Laderäume, und möglicherweise ist es bereits zu spät …

Review:

Wenn ein Buch wie Cold Eternity von S.A. Barnes auf den Markt kommt, fühlt man sich unwillkürlich an jene altbekannten Popcorn-Horrorfilme erinnert, die man im jugendlichen Überschwang nachts konsumiert hat – nicht aus literarischem Ehrgeiz, sondern aus einer Art schadenfrohem Nervenkitzel. Allerdings wäre es ungerecht, Barnes’ Roman in die bloße Ecke des billigen Gruselkrams zu stellen, denn er besitzt durchaus Qualitäten, die über das kalkulierte Erschrecken hinausgehen.

Der Plot ist denkbar simpel und in seiner Reduziertheit beinahe elegant: Eine Frau mit beschädigter Biografie – Halley Zwick, einst gesellschaftlich diskreditiert – heuert auf einem verlassenen Raumschiff an, das als fliegendes Mausoleum für eingefrorene Leichen der Wohlstandselite fungiert. In diesem Szenario liegt natürlich ein kapitales Symbol: der Wunsch, dem Tod durch Technik zu entkommen, wird hier in ein makabres Stillleben verwandelt. Barnes gelingt es erstaunlich gut, diese groteske Ausgangslage auszuleuchten und mit einer dichten, fast beklemmenden Atmosphäre zu versehen.

Halley ist eine Protagonistin, die weniger durch ihre Persönlichkeit als durch die Leere um sie herum definiert wird. Sie wirkt wie eine Hülle, die nur deshalb interessant bleibt, weil man nie sicher ist, ob sie den Verstand verliert oder tatsächlich Zeugin unheimlicher Vorkommnisse wird. Diese Unzuverlässigkeit ist einer der größten Vorzüge des Buchs: Immer wieder verschwimmen Realität und Halluzination, bis der Leser nicht mehr weiß, ob hier wirklich etwas Übernatürliches am Werk ist oder nur ein kranker Geist. Der psychologische Horror wächst langsam, fast genüsslich, wie Schimmel in einem abgedichteten Raum.

Leider zeigt sich in der zweiten Hälfte, dass Barnes ihre Stoffe zwar effektvoll anlegen, aber nicht immer zu einem befriedigenden Abschluss bringen kann. Während der Anfang von subtilen Andeutungen und kluger Taktung lebt, verheddert sich der Roman im letzten Drittel in einer Gemengelage aus Action, erklärenden Rückblenden und Effekthascherei. Aus der kühlen Studie über Angst wird ein Showdown, der beinahe alle Zwischentöne opfert. Man hat den Eindruck, die Autorin traue dem eigenen Suspense nicht und müsse ihn durch grelle Spitzen legitimieren.

Stilistisch bleibt Barnes auf sicherem Terrain. Sie schreibt in einer Sprache, die weder stilistisch ambitioniert noch ärgerlich simpel ist. Ihre Stärke ist das szenische Erzählen: Man hört die metallischen Knackgeräusche der Elysian Fields, riecht die abgestandene Luft der kryogenen Särge, spürt die Einsamkeit, die Halley langsam zersetzt. Diese suggestive Konkretheit rettet das Buch vor der Beliebigkeit vieler Genrevertreter.

So bleibt Cold Eternity ein Werk, das im Kern durch eine bemerkenswerte Atmosphäre besticht, aber an seinen eigenen Ansprüchen scheitert, ein Roman zu sein, der über das rein Episodische hinausweist. Wer sich jedoch gern in labyrinthischen Gängen verliert und ein Herz für den Weltraum als Projektionsfläche des kollektiven Unterbewusstseins hat, dürfte sich hier bestens aufgehoben fühlen. Für alle anderen bleibt ein solides, manchmal großartiges, manchmal enttäuschendes Buch, das vor allem die Frage stellt, was größer ist: die Stille des Alls oder die Leere in uns selbst.

Cold Eternity von S. A. Barnes Cold Eternity von S. A. Barnes Reviewed by Darkybald on Freitag, Juli 04, 2025 Rating: 5

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