Gateway von Frederik Pohl

 Gateway von Frederik Pohl

Titel des Buches
Seiten: 1232
Verlag: Heyne
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 345332367X
Kaufen: Amazon.de
Warum Technik veraltet, aber Gier ewig bleibt
Bewertung: 6/10 ⭐

Inhalt:

Gateway: Ein Asteroid, der in einem exzentrischen Orbit um die Sonne entdeckt wird. Von außen ein verkohlter Materieklumpen, von innen das Tor zum Universum. Denn Gateway ist die Hinterlassenschaft der Hitschi, einer außerirdischen Zivilisation, die offenbar vor langer Zeit ausgestorben ist. Gateway diente als Weltraumbahnhof und ist voller Schiffe, die darauf programmiert sind, mit Überlichtgeschwindigkeit in die entlegensten Winkel des Universums zu fliegen. Das Ganze hat nur einen Haken: Die Piloten wissen nicht, wo ihre Reise enden wird ...

Review:

Frederik Pohls Roman Gateway ist ein Buch, das sich weigert, den Erwartungen zu gehorchen. Wer in ihm das große Weltraumabenteuer sucht, den heroischen Ritt ins Unbekannte, wird schnell ernüchtert feststellen, dass hier weder phantastische Schlachten noch strahlende Helden geboten werden. Stattdessen setzt Pohl auf eine Geschichte, die ihre Spannung weniger aus äußeren Ereignissen bezieht als aus dem inneren Zerfall ihres Protagonisten. Robinette Broadhead ist kein Mann, den man bewundern möchte, eher jemand, dessen Schwächen, Neurosen und Schuldgefühle einen ebenso irritieren wie faszinieren. Gerade in dieser Zumutung liegt die Stärke des Romans.

Die Prämisse ist einfach und zugleich verstörend. Menschen entdecken auf einem Asteroiden die Raumschiffe einer untergegangenen Zivilisation. Niemand versteht, wie sie funktionieren oder wohin sie fliegen. Trotzdem lassen sich Glücksritter hineinsetzen, in der Hoffnung auf Reichtum, wohl wissend, dass das wahrscheinliche Ergebnis nicht Ruhm, sondern Verstümmelung oder Tod ist. Hier spricht weniger der Ingenieur als der Spieler, der sein Schicksal an die Unberechenbarkeit einer fremden Technologie verkauft. Dass Pohl aus diesem Setting keine Abenteuergeschichte macht, sondern eine Studie über Gier, Angst und menschliche Kurzsichtigkeit, ist das eigentliche Wagnis des Romans.

Man merkt Gateway an, dass es in den siebziger Jahren geschrieben wurde. Viele technische Details wirken heute antiquiert, manche gesellschaftliche Prognose hat sich längst als Irrtum erwiesen. Doch erstaunlich ist, wie wenig das dem Buch schadet. Im Gegenteil: Die Überbevölkerung der Erde, die kapitalistische Verwertung auch des Unbekannten, das Bild von Menschen, die in Verzweiflung und Hoffnung zugleich in fremde Schiffe klettern, wirken gerade heute beklemmend aktuell.

Die Fortsetzungen jedoch leiden unter der Last des Erfolgs. Pohl erweitert das Universum, er deutet die Motive der Heechee an, führt neue Ideen und Figuren ein, doch verliert sich zunehmend in Wiederholungen und einer Dramaturgie, die an Kraft verliert. Was im ersten Band noch elegant als psychologische Tiefenbohrung funktioniert, wirkt später mitunter wie selbstverliebte Seelenanalyse. Auch die Versuche, den Text mit zwischenmenschlichen Reibungen und erotischen Einschüben aufzuladen, haben nicht gut gealtert.

Und trotzdem. Gateway bleibt ein Klassiker, weil es sich traut, das Unbekannte nicht zu erklären, sondern als Spiegel menschlicher Abgründe zu nutzen. Es ist weniger Science Fiction im Sinne technischer Zukunftsverheißung, sondern vielmehr eine Parabel auf das, was Menschen antreibt, wenn sie ins Leere starren und dennoch nicht anders können, als einen Schritt hinein zu wagen. Der erste Band ist große Literatur, die Fortsetzungen ein schimmerndes Nachspiel, das man nicht unbedingt braucht, das aber zeigt, wie weit Pohl seine Idee treiben wollte.

Gateway von Frederik Pohl  Gateway von Frederik Pohl Reviewed by Darkybald on Freitag, August 22, 2025 Rating: 5

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