Animal Farm von George Orwell (English Edition)
Animal Farm von George Orwell (English Edition)
Revolution, Verrat und der Preis der Naivität
Inhalt:
'ALL ANIMALS ARE EQUAL. BUT SOME ANIMALS ARE MORE EQUAL THAN OTHERS'
They are fenced-in and caged, robbed of the fruits of their labour. The animals on Manor Farm have had enough. They start a revolution – for a just world, in which all animals are free and equal. But when some animals are more equal than others, freedom is a short-lived dream.
Review:
George Orwells Animal Farm ist eines jener Bücher, die so oft zitiert, so häufig missverstanden und so regelmäßig instrumentalisiert werden, dass man beinahe vergisst, wie brillant, wie schmerzhaft treffend und wie erschreckend aktuell es tatsächlich ist. Wenn es einen Kanon der literarischen Impfstoffe gegen politischen Selbstbetrug gäbe – dieses Buch gehörte auf die Titelseite. Ein schmales Bändchen, geschrieben in der lakonischen Sprache einer Fabel, versehen mit tierischen Protagonisten, und doch ist es in Wahrheit ein Flammenwerfer gegen die Verlogenheit politischer Systeme, insbesondere gegen jene, die sich als Utopien tarnen.
Die Geschichte ist rasch erzählt – aber ihre Wirkung hält lebenslang. Eine Gruppe von Tieren erhebt sich gegen ihren menschlichen Ausbeuter, übernimmt die Farm, träumt von Gleichheit, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung. Doch wie so oft in der Geschichte: Der Weg zur Hölle ist mit Idealen gepflastert. Die Revolution frisst ihre Kinder, die Macht korrumpiert, die Sprache wird zur Waffe, die Wahrheit zur Fußnote. Napoleon, das Schwein, übernimmt das Kommando, verbannt den idealistischen Snowball und führt das Regiment mit eiserner Klaue und gezielter Propaganda. Die sieben Gebote, einst moralisches Fundament, werden zu biegsamen Parolen. „ALL ANIMALS ARE EQUAL“ – ein Satz, der am Ende ins Absurde gesteigert wird: „ BUT SOME ANIMALS ARE MORE EQUAL THAN OTHERS“. Man müsste lachen, wenn es nicht so bitter wäre.
Was Orwell hier gelingt, ist mehr als eine politische Allegorie. Es ist eine klinisch präzise Studie über Machtmechanismen, über den Verrat an der eigenen Überzeugung, über die schleichende Verwandlung von Befreiung in Tyrannei. Und ja, Orwell war Sozialist. Kein Fanatiker, sondern ein klarsichtiger Zweifler, der mit diesem Buch nicht etwa die Idee des Sozialismus demontiert, sondern deren Pervertierung durch totalitäre Strukturen anprangert. Dass ausgerechnet dieses Werk von konservativer Seite jahrzehntelang als Argument gegen jede Form linken Denkens missbraucht wurde, gehört zu den ironischen Fußnoten der Rezeptionsgeschichte – und ist so orwellianisch wie der Stoff selbst.
Besonders erschütternd ist die Figur des Boxers, des treuen Arbeitstiers, dessen einziges Mantra lautet: „Ich werde härter arbeiten.“ Ein Tier, das sich zu Tode schuftet, blind im Vertrauen auf eine Führung, die es am Ende skrupellos verrät. Wenn Boxer in den Tod geschickt wird, nicht ins Krankenhaus, sondern zum Schlachter, dann ist das keine Metapher mehr – das ist ein Faustschlag. Und es ist auch ein Kommentar auf jede Gesellschaft, die blinden Fleiß höher bewertet als wache Urteilskraft.
Orwell schrieb dieses Buch während des Zweiten Weltkriegs – und fand lange keinen Verleger. Zu heikel, zu unbequem, zu klar. Dass es heute noch in zahlreichen Staaten verboten ist, spricht Bände. Und dass Amazon 2009, ausgerechnet Amazon, Orwell-Bücher klammheimlich von Kindles löschte, zeigt, wie wenig wir dazugelernt haben. Die Ironie, dass ein Werk über die Manipulation durch Sprache und Medien selbst zensiert wurde, ist so grotesk, dass man fast meinen könnte, Orwell habe es vorausgesehen.
Wer Animal Farm heute liest – oder besser: wiederliest –, erkennt nicht nur Stalin im Schwein Napoleon, sondern jede Regierung, jede Organisation, jede Hierarchie, die sich vom Versprechen der Gleichheit in die Realität der Machtausübung flüchtet. Es ist das Buch, das uns zeigt, dass nicht jede Revolution mit dem Sieg der Vernunft endet. Sondern manchmal mit einem Schwein, das auf zwei Beinen geht.
George Orwells Animal Farm ist ein Meisterwerk, das unter dem Deckmantel der Einfachheit eine literarische Sprengladung zündet. Es ist nicht nur ein Muss für Schulklassen, sondern eine Pflichtlektüre für alle, die in einer Welt leben, in der Sprache verdreht, Fakten relativiert und Ideale verkauft werden. Man kann sich diesem Buch nicht entziehen – und man sollte es auch nicht versuchen.












Post a Comment