Insel am Rand der Welt von James Rebanks
Insel am Rand der Welt von James Rebanks
Am Rand der Welt, mitten im Leben
Inhalt:
Drei Monate verbringt James Rebanks auf einer norwegischen Insel, wo im Frühjahr schwere Stürme toben, wo im kurzen Sommer die Sonne das Meer Tag und Nacht leuchten lässt, wo die Gezeiten das Leben bestimmen. Hier, auf der letzten Insel vor dem offenen, wilden Atlantik, begegnet Rebanks der alten Norwegerin Anna: einer zähen Frau, die ganz im Einklang mit der Natur lebt und sich weigert, sich von der Hektik der modernen Zeit vereinnahmen zu lassen. Im Lauf der Monate entwickelt sich eine innige Freundschaft zwischen ihnen, und James lernt von Anna, dass es sich lohnt, für das zu kämpfen, was einem wichtig ist.
Review:
James Rebanks verlässt in Insel am Rand der Welt die vertrauten Hügel seiner englischen Heimat und sucht das Weite auf einer winzigen norwegischen Insel. Dort, am Rand des Eismeers, will er zur Ruhe kommen, weil das Leben in der lauten Gegenwart ihn ausgehöhlt hat. Was wie eine Flucht klingt, wird zu einem Aufenthalt der Verwandlung. Denn die eigentliche Hauptfigur ist nicht der Autor selbst, sondern Anna, eine siebzigjährige Norwegerin, die seit Jahrzehnten Eiderenten schützt, Nester auslegt und die feinen Daunen sammelt. Ihr Dasein ist von einer Selbstverständlichkeit, die unserer nervösen Zeit fast fremd erscheint.
Rebanks beschreibt dieses archaische Handwerk mit einer stillen Genauigkeit, die an große Naturprosa erinnert. Wind, Wetter, Möwenschreie und das monotone Plätschern der See werden zu Akteuren, während Anna mit stoischer Ruhe ihrer Arbeit nachgeht. Sie ist keine romantische Eremitin, sondern eine Frau, deren Gelassenheit und unprätentiöse Weisheit den Autor zur Selbstprüfung zwingt. Gerade ihre Fähigkeit, Menschen und ihre Schwächen anzunehmen, wirkt wie ein Korrektiv zu unserer permanenten Selbstinszenierung.
Literarisch zeigt sich Rebanks in bestechender Form. Er verknüpft Landschaftsschilderung, nordische Geschichte und persönliche Reflexion zu einer Prosa, die in langen Atemzügen schwingt. Wer auf dramatische Geständnisse hofft, wird allerdings enttäuscht. Rebanks streift seine innere Krise nur beiläufig und meidet jede pathetische Selbstoffenbarung. Manche Leser mögen darin eine Leerstelle sehen, doch diese Zurückhaltung ist Teil der Wirkung. Sie zwingt uns, die Stille zwischen den Sätzen zu hören.
Am Ende bleibt ein Buch, das weniger von äußeren Ereignissen lebt als von der Erfahrung einer anderen Zeitrechnung. Es zeigt, dass Sinn nicht im großen Auftritt liegt, sondern in der geduldigen Aufmerksamkeit für das, was vor Augen ist. Insel am Rand der Welt ist ein stiller Triumph gegen den Lärm der Welt und eine Einladung, den eigenen Herzschlag wieder wahrzunehmen.












Hallo , DEINE so schön und ausdrucksstark geschriebene Rezension hat mir gut gefallen. Ich habe gestern das Buch beendet und es klingt immer noch in mir nach ! Schön ist es bei dir und deinen Lektüren zu stöbern. Danke !
AntwortenLöschenHerzlich
Angela vom Literaturgarten