Dark Fairy Tales von Viktor Wynd

Dark Fairy Tales von Viktor Wynd

Titel des Buches
Seiten: 240
Verlag: Prestel
Sprache: Englisch
ISBN-10: 3791393502
Kaufen: Amazon.de
Kein Buch für Kinder, aber eines für Neugierige
Bewertung: 7/10 ⭐

Inhalt:

Viktor Wynd has always gravitated towards the weirder corners of folklore. On his extensive travels, he has amassed a trove of stories that refuse to play nice - filled with risque twists, grotesque details, and endings that are surprisingly happy, though not always in the way one might expect. Having entertained audiences around the world with these tales, he has now written down some of his favorites in a book as beautifully produced as it is macarbre. The stories were collected in Wales, Ireland, Arabia, Germany, Norway, Papua New Guinea, and Borneo, and include the adventures of a one-eyed troll; the feckless Paddy O'Dwyer; a changeling child; a girl who thinks she can outwit a witch; the doomed Sinbad the Traveler; shapeshifters; and a baby-eating pig. Each chapter begins with Wynd's personal account of how he came to learn these stories. Arresting and intricate illustrations by Transylvanian artist Luciana Nedelea perfectly balance the charming and grotesque.

Review:

Viktor Wynds Dark Fairy Tales ist eine Sammlung, die sich weigert, in eine Schublade zu passen. Schon der Titel verspricht Dunkelheit, doch wer hier gotische Schauergeschichten erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Wynd interessiert sich weniger für das Grauen des Todes als für die Dunkelheit des Begehrens. Seine Märchen aus Irland, Norwegen, Papua-Neuguinea oder Arabien sind sinnlich, roh und oft erstaunlich derb – Geschichten, in denen Körperlichkeit und Trieb ebenso selbstverständlich vorkommen wie Magie und Verwandlung.

Wynd schreibt, wie man erzählt. Seine Sprache ist rhythmisch, voller Einschübe und Abschweifungen, fast so, als säße man ihm beim Glas Wein gegenüber, während er sich von einer Anekdote in die nächste verliert. Diese mündliche Unmittelbarkeit hat Charme, kann aber auch ermüden. Zwischen den eigentlichen Erzählungen kommentiert Wynd unaufhörlich: Er berichtet von Reisen, Begegnungen und persönlichen Eindrücken, manchmal amüsant, manchmal irritierend selbstverliebt. Es ist ein Ton, der zugleich Nähe schafft und Distanz erzeugt.

Die Märchen selbst sind eine Entdeckung. Viele davon sind im Westen kaum bekannt, und Wynd gelingt es, ihre archaische Energie zu bewahren. Dabei zeigt er, dass Volksmärchen nie harmlos waren: Sie sind voller Lust, Gewalt und Absurdität. Dass der Autor dabei keinerlei Scheu vor expliziten Szenen hat, mag manchen Leser befremden, gehört aber zur Ehrlichkeit seiner Herangehensweise. Diese Geschichten sind nicht für Kinder, und Wynd macht kein Geheimnis daraus, dass das „Dunkle“ hier oft aus Fleisch und Blut besteht.

Die Ausgabe selbst ist prachtvoll gestaltet, mit Illustrationen der Künstlerin Luciana Nedelea, die das Groteske und Schöne der Texte kongenial einfängt. Am Ende bietet Wynd sogar praktische Hinweise, wie man Märchen selbst erzählen kann – ein sympathischer Versuch, die alte Kunst der mündlichen Überlieferung zu beleben.

Dark Fairy Tales ist ein widersprüchliches Buch: zu lang, zu selbstbezogen, manchmal unappetitlich, aber zugleich lebendig, witzig und voller erzählerischer Neugier. Es erinnert daran, dass das Märchen einst ein Ort des Begehrens, der Furcht und der Freiheit war – bevor man es in Kinderzimmer verbannte. Wynds Sammlung ist kein makelloses Werk, aber ein verführerisch schiefes, das seine Leser nicht belehrt, sondern verführt. Und vielleicht ist das, in einer Zeit glatter Erzählungen, sein größter Vorzug.

Dark Fairy Tales von Viktor Wynd Dark Fairy Tales von Viktor Wynd Reviewed by Darkybald on Samstag, November 01, 2025 Rating: 5

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